Bildungsstand der Eltern und Schulerfolg

Bildungsforscher betonen immer wieder, dass die Bildungsnähe oder -ferne ein wichtiges Kriterium für den Schulerfolg der Kinder sei. Für Lehrkräfte, die in der Grundschule unterrichten, ist das keine neue Erkenntnis. Sie erleben, wie Kinder aus einem bildungsaffinen Elternhaus schon als 6-Jährige differenziert mit der Sprache umgehen können, während Kinder aus der sozialen Unterschicht nur in grammatisch einfachen Sätzen und mit einem reduzierten Wortschatz sprechen. Da außer den Naturwissenschaften der Lernprozess aller Schulfächer einen hohen sprachlichen Anteil  aufweist, muss man kein Prophet sein, um zu erahnen, dass Kinder mit  einem elaborierten Sprachvermögen eindeutig im Vorteil  sind. Kinder aus Migrantenfamilien sind besonders gefährdet, schon in der Grundschule abgehängt zu werden. Dies geschieht vor allem dann, wenn sie keine Kita besucht und deshalb nicht richtig  Deutsch gelernt haben. In Berlin müssen Kinder, die keine Kita besuchen, im vierten Lebensjahr an einer Sprachstandserhebung teilnehmen. Die Eltern werden von der Bildungsverwaltung angeschrieben. Trotzdem verweigern  jedes Jahr viele  Eltern diesen Test. Sie nehmen die schulischen Nachteile für ihre Kinder  offensichtlich  in Kauf. Und die Senatorin hat noch keinen Weg gefunden, die Eltern mittels Sanktionen in  die Pflicht zu nehmen.

Grundschullehrer geben sich redliche Mühe, die sprachlichen Defizite der Kinder durch  Stütz- und Förderkurse auszugleichen. Da die guten Schüler  im Lernen fortschreiten, kann es sein, dass sich schon am Ende des ersten Schuljahres eine tiefe Kluft zwischen den erfolgreichen und den nicht erfolgreichen Lernern auftut. Man muss sich dann nicht wundern, dass die Kinder, die mit sprachlichen Defiziten eingeschult werden, am Ende der Grundschulzeit nur eine Empfehlung für die Sekundarschule erhalten. Was linke Bildungsexperten als „soziale Selektion“ bezeichnen, ist nichts anderes als das von den Eltern verschuldete Zurückbleiben der Kinder  hinter dem Lernstand, den sie hätten erreichen können, wären  sie bei der Einschulung der deutschen Sprache mächtig gewesen. Wer den Misserfolg der Kinder nur der Schule anrechnet, hat wenig Ahnung davon, wie Lernen in einer extrem heterogenen Lerngruppe erfolgt und wie wichtig die Sprache für den Lernerfolg ist.

Bildungsnähe und -ferne gibt es in allen ethnischen Gruppen: in der deutschen Unterschicht genauso wie in der türkischen oder arabischen Community. Ein Befund ist allerdings auffällig. In Deutschland verlassen jedes Jahr um die 47.000 Schüler die Schule ohne Abschluss. Das ist eine Quote von 5,9 Prozent eines Schülerjahrgangs.  Bei Schülern mit Migrationshintergrund beträgt die Quote  12,9 Prozent. Jeder achte Schüler mit  ausländischen Wurzeln schafft nicht  den einfachsten aller Schulabschlüsse. Eine berufliche Ausbildung wird diesen Schülern verschlossen bleiben. Sie werden sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen oder von Hartz IV leben müssen. Muslimische Mädchen schneiden in der Schule besser ab als muslimische Jungen. Sie bestätigen damit einen Trend, den es bei deutschen Schülerinnen schon seit Jahren gibt. Mädchen  sind unter den  Abiturienten  inzwischen in der Mehrzahl. Muslimische Schülerinnen haben daran einen immer größeren Anteil. Instinktiv scheinen sie zu ahnen, dass Bildung ihnen dabei helfen kann, die patriarchalischen Strukturen ihrer Familien hinter sich zu lassen und ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Warum muss man bei solchen bildungspolitischen Betrachtungen überhaupt die Religion der Schüler erwähnen? Weil die kulturelle Prägung, zu der auch die Religion gehört, offensichtlich den Schulerfolg befördern oder bremsen kann. Asiatische Kinder – ihre Religion ist in der Regel der  Buddhismus – sind in unseren Schulen besonders erfolgreich. So schaffen 64 Prozent der vietnamesischen Kinder den Sprung aufs Gymnasium. Dieser Anteil ist um 11 Prozentpunkte höher als der Anteil der deutschen Schüler und  fünfmal so hoch wie bei türkischen Schülern. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass buddhistische Glaubenssätze die Schüler zu guten schulischen Leistungen motivieren:  „Wo immer du bist, trage dazu bei, dass die Gemeinschaft in Harmonie lebt“ (Konfuzius). Den Weg zu  „Harmonie und Mitte, Gleichmut und Gleichgewicht“ (ders.) könne man am besten  durch Bildung erreichen.

Von dem in  Deutschland gelebten Islam kennt man solch positiven Bildungsmotivationen leider nicht. Im Gegenteil. In salafistischen Moscheen und auf entsprechenden Internetseiten wird Front gegen unser  der Wissenschaftlichkeit und weltanschaulichen Toleranz verpflichtetes Bildungssystem  gemacht. In einem islamistischen Lehrvideo vom Juni dieses Jahres, das der Staatschutz ausgewertet hat,  wird  unser Schulsystem als unislamisch kritisiert:  Es stelle für Kinder eine Gefahr dar, weil es „Selbstbestimmung sowie  freie  Partnerwahl“  lehre. „Wenn wir nicht aufpassen, dann erleben wir den Tag, an dem die Kinder das europäische Modell übernehmen und den Islam damit gefährden“. (FAZ vom 20. 07. 2018) – Solche Argumente  fallen durchaus auf fruchtbaren Boden. In sozialen Brennpunkten mit hohem Anteil muslimischer Zuwanderer fordern Eltern und Islamverbände, dass während des Ramadan Rücksicht auf muslimische Schüler genommen werden solle. Klassenarbeiten  sollten vermieden, der Schulbeginn um eine Stunde verschoben werden, weil die Kinder durch das lange Fasten am Morgen noch  übermüdet  seien. Auch Gebetsräume in der Schule werden gefordert. Eltern konfrontieren  Schulleitungen mit der Forderung, ihre Söhne  dürften nicht von einer Frau unterrichtet werden.  Zum ersten Mal seit 1949  ist die  religiöse  Neutralität der Schule, die sich aus unserer säkularen Staatsverfassung herleitet,  ernsthaft bedroht. Hier wird ein  wertvolles kulturelles Gut – der von Politik und Religion freie Lernort Schule –  in seinem Kernbestand bedroht.

Wenn wir dem Salafismus und anderen orthodoxen Strömungen im Islam entschieden entgegentreten, leisten wir nicht nur unserer Demokratie einen wichtigen Dienst. Wir garantieren auch, dass Kinder aus muslimischen Familien nicht daran gehindert werden, ihre Begabungen frei zu  entfalten und in der Schule erfolgreich zu lernen.

 

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