Seit meiner Pensionierung vor sieben Jahren habe ich an acht Berliner Gymnasien als Vertretungslehrer Deutsch und Geschichte unterrichtet. Die Deputate reichten von zwei Monaten bis zu einem ganzen Jahr. Auch Abiturprüfungen hatte ich abzunehmen. Die Schulen erstreckten sich über sechs Bezirke – von Tempelhof mit seiner gemischten Sozialstruktur bis Zehlendorf, wo überwiegend gutsituierte Bürger wohnen. Das Profil der Schulen reichte von Musikbetonung bis zu naturwissenschaftlicher Ausrichtung. Baulicher Zustand und Ausstattung der Schulen waren sehr unterschiedlich. Ich traf auf Schulen, die völlig auf digitale Smartboards umgestellt hatten, während andere noch in der „Kreidezeit“ verharrten. Das PC-Equipment war fast überall nicht auf dem neuesten Stand, die Rechner in den Klassenzimmern liefen noch mit Windows XP oder 7, was das Einloggen zur Geduldsprobe machte. Weiterlesen
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Tropfende Dächer sind schuld
Die SPD will im Bundestagswahlkampf auch mit der Bildung punkten. In Anzeigen, die in Magazinen wie SPIEGEL oder „Stern“ platziert wurden, kann man lesen: „Wenn es in den Schulen ins Dach reinregnet oder die Kinder nicht zur Toilette gehen können, brauchen Sie…Handwerker.“ Gleichzeitig wurde bekannt, dass im rot-grün regierten Hamburg 5,1 Prozent der Abiturienten (das sind 500 Schüler) das Abitur nicht geschafft haben. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um 0,4 Prozentpunkte. Hinzu kommt, dass schon im Vorfeld 7,9 Prozent der Schüler von allein aufgegeben hatten oder wegen schlechter Vorzensuren nicht zum Abitur zugelassen worden waren. Die schlechten Abiturleistungen erklären sich damit, dass zum ersten Mal Aufgaben aus dem bundesweiten Abituraufgaben-Pool verwendet wurden, mit denen Hamburgs Abiturienten offensichtlich überfordert waren. Im Umkehrschluss kann man schlussfolgern, dass das Abitur in Hamburg im Vergleich der Bundesländer in den letzten Jahren zu leicht war. Angesichts der Hamburger Abiturergebnisse müsste die SPD eigentlich ihren Slogan ändern: „Wenn fünf Prozent der Abiturienten das Abitur nicht bestehen, muss dringend die Didaktik des Unterrichts geändert werden.“ Eine solche Forderung wird man wohl vergeblich lesen. Für die SPD, die in den 1960er Jahren die Partei der bildungspolitischen Innovation schlechthin war, hat Bildung nur noch mit „mehr Geld“ zu tun. Was in den Klassenzimmern passiert, die schön saniert worden sind, interessiert sie weniger. Dabei gäbe es dafür Anlass genug. Weiterlesen
G8, G9 oder doch lieber G8+9?
Nach vierzigjähriger Tätigkeit als Lehrer habe ich mir abgewöhnt, daran zu glauben, dass Schulpolitiker mit ihren Entscheidungen vor allem den Schülern ihres Landes Gutes tun wollen. Sie arbeiten genauso die Agenda ihrer Partei ab, wie das die Verkehrs-, Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister tun. Deshalb sollte man auch bei schulpolitischen Entscheidungen immer nach dem zugrunde liegenden ideologischen Kern fragen. Von lyrischen Wortgirlanden sollte man sich nicht verwirren lassen. Weiterlesen
„Di Foirwer retete eine oile aus dem Stal“ – Wie unsere Schüler das Schreiben verlernen
Veröffentlicht in „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Bildungswelten)
06. 04. 2017
Am 4. Mai 2017 werden sich in 400 Berliner Grundschulen 28.000 Schüler der dritten Klassen über ein Aufgabenblatt beugen, das ihnen eine einheitliche Schreibaufgabe abverlangt. An diesem Tag findet der landesweite Test „VERA 3“ im Fach Deutsch statt. Schüler und Eltern werden der Veröffentlichung der Ergebnisse mit Interesse entgegensehen. Die Berliner Schulverwaltung wird diesen Tag eher mit Bangen erwarten. Die Besorgnis hat gute Gründe. Beim „VERA 3“-Test im Schuljahr 2014/2015 waren die Ergebnisse für die Berliner Grundschüler verheerend. Die Hälfte der Drittklässler erfüllte nicht die Mindestanforderungen an die Rechtschreibung, die die Kultusministerkonferenz (KMK) festgelegt hatte. Sie können, wie es im Kommentar des Instituts für Schulqualität (ISQ) hieß, gerade einmal „lautgetreu“ schreiben. Im Klartext heißt das: Die Schüler bringen Wörter so zu Papier, wie sie sie hören, nicht aber, wie sie korrekt geschrieben werden. Auch in den Folgejahren verbessern sich die Schreibleistungen der Schüler nicht, wie die schlechten Ergebnisse beim Deutsch-Test „VERA 8“ belegen. Weiterlesen
Ideologie oder Kindeswohl?
Wie eine unsoziale Schulpolitik unseren Kindern schadet
Im beschaulichen Kleve, nahe an der niederländischen Grenze gelegen, ist der Schulkampf ausgebrochen. Es kämpfen nicht Schüler gegen unbeliebte Lehrer, wie dies ab und zu vorkommt – nein, Eltern gehen auf die Barrikaden, weil sie ihre Kinder durch die von oben verordnete Zuweisung zu einer weiterführenden Schule benachteiligt sehen. Am 21. Februar wollen sich die Eltern mit ihren Kindern vor dem Gebäude des Rats der Stadt zum Protest versammeln. Was war geschehen? Weiterlesen
Eingeordnet unter Der richtige Umgang mit Schülern, Leistungsbereitschaft, Schulformdebatte