In den letzten drei Monaten mussten viele Eltern notgedrungen als Hilfslehrer der Nation fungieren. Ihre Kinder saßen zu Hause fest und erhielten – mehr oder weniger zuverlässig – von ihren Lehrern Aufgaben zugeschickt. Manchmal wurden sie auch in kleine Video-Konferenzen eingebunden. Man kann sich vorstellen, dass manche Eltern damit überfordert waren, sich neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Homeoffice auch noch um die quengelnden Sprösslinge zu kümmern. Auch einige Journalisten scheinen damit schlechte Erfahrungen gemacht zu haben. In Artikeln haben sie ihrer Frustration Luft gemacht. Im SPIEGEL schrieb ein Redakteur, „keine anderer Bereich unserer Gesellschaft [habe] in der Coronakrise annähernd so versagt wie das Schulsystem“. In der ZEIT forderte ein Autor „gewisse Minimalstandards“, die man von „Schulen beim Lernen erwarten dürfte“. Im Homeschooling ist sicher nicht alles rund gelaufen. Da es in den Bundesländern für die Schulen keine einheitlichen digitalen Standards gibt, blieb bei der digitalen Unterrichtsversorgung der Schüler vieles dem Zufall und dem persönlichen Engagement der Lehrkräfte überlassen. Mich ärgert allerdings der Zeitpunkt der harschen Schulkritik. Geht man als Journalist schulischen Mängeln nur auf den Grund, wenn man persönlich davon betroffen ist? Wenn spätestens nach den Sommerferien die Schulen aller Bundesländer wieder zum Normalbetrieb zurückkehren, werden die Forderungen nach mehr Schulqualität wieder verstummen. Niemand wird sich dann noch um „Minimalstandards“ kümmern, die doch auch der Präsenzunterricht allzu selten erfüllt. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Digitalisierung
Copy paste ist noch kein Lernen
Veröffentlicht in der Tageszeitung „DIE WELT“ vom 30. 04. 2019
Laptops und Tablets machen den Schulalltag einfacher. Aber digitale Programme ersetzen keinen lebendigen Unterricht. Das uferlose Wissen im digitalen Kosmos lässt die Schüler oft hilf- und ratlos zurück.
Wenn man als Lehrer wie ich noch aus der Kreidezeit stammt und sich kritisch über den Digitalisierungshype in der Schule äußert, gerät man schnell in den Verdacht, man sei technikfeindlich und wolle den Fortschritt in der Schule bremsen. Für die meisten Lehrkräfte, die noch die Zeit der Ormig-Vervielfältigung im Lehrerzimmer erlebt haben, trifft das beileibe nicht zu. Alle benutzen sie Laptops und Tablets und sind auch mit der digitalen „Tafel“, dem Smartboard, bestens vertraut. Sie haben sich allerdings von den digitalen Verheißungen nicht den Kopf vernebeln lassen. Sie stellen die entscheidende Frage: Was ist der Mehrwert für den Unterricht? Diese Frage sind die Befürworter der digitalen Aufrüstung in den Klassenzimmern bislang schuldig geblieben. Weiterlesen
Eingeordnet unter Digitalisierung, Rolle des Lehrers, Unterrichtsmethoden, Unterrichtsqualität