Frankfurter Allgemeine Zeitung (16. 11. 2017)
Die rechte Hand weiß nicht, was die linke tut
Warum G8 im Westen gescheitert ist und wie sich die Kultusminister in ihren eigenen Absichten verheddert haben
von Rainer Werner
In Anlehnung an einen berühmten Buchtitel von Hans Magnus Enzensberger könnte man vom „kurzen Sommer des G8-Gymnasiums“ sprechen. Ein Bundesland nach dem anderen hat inzwischen den Rückzug angetreten und will wieder zu G9 zurückkehren. Die schulpolitische Springprozession hat seit der Einführung von G8 im Jahre 2012 eine beispiellose Zerklüftung der Schullandschaft bewirkt. Mal gibt es wie in Hessen das 8- und 9-jährige Gymnasium parallel. Dann ist wie in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zwar G8 die Regel, es gibt aber auch G9 als Modellversuch, quasi als Einstieg in den Ausstieg. Schleswig-Holstein geht bis auf wenige Ausnahmen zu G9 zurück. Die dem Populismus nie abgeneigte bayerische Landesregierung hat eine radikale Kehrtwendung vollzogen und setzt wieder auf G9, weil es die Bevölkerung so will. Man könnte meinen, es habe nie einen plausiblen Grund dafür gegeben, die Schulzeit am Gymnasium von neun auf acht Schuljahre zu verkürzen. Weiterlesen