Abgedruckt in der WELT vom 14. 08. 2019
In vielen Problemschulen kapitulieren Lehrkräfte und lassen sich an „leichtere“ Schulen versetzen. Exzellenz gibt es bei uns nur in der Beletage des Bildungssystems. Warum nicht auch im Souterrain?
Jedes Jahr verlassen in Deutschland knapp 50.000 Schüler die Schule ohne Abschluss. Diese Zahl ist wie in Stein gemeißelt. Dabei sind die Ursachen für Schulversagen gut erforscht. Dauerhaftes Schwänzen steht an erster Stelle. Schulbehörden greifen inzwischen durch. Gegen uneinsichtige Eltern verhängen sie Bußgelder. Säumige Kinder werden auch schon mal von der Polizei zur Schule gebracht. In vielen Großstädten gibt es Polizeistreifen, die morgens um 10 Uhr in den Elektronikmärkten Jugendliche „einsammeln“ und zur Schule bringen. Wer über einen längeren Zeitraum den Unterrichtsstoff versäumt, hat über kurz oder lang so große Lücken, dass er sie kaum noch ohne fremde Hilfe füllen kann. Ein Teufelskreis beginnt: Um der Schmach des Versagens im Unterricht zu entgehen, bleibt der Schüler lieber ganz der Schule fern. Funktionale Analphabeten berichten, dass sie schon in der Grundschule wegen Schwänzens den Anschluss verloren hätten. Aus Scham und Frust hätten sie nur noch versucht, sich bis zur Ausschulung ohne Schreiben durchzumogeln. Sich die Schreibhand zu verbinden, ist dabei ein beliebtes Täuschungsmittel. Weiterlesen