In der liberalen Presse waren jüngst Kommentare zu lesen, in denen die Hoffnung geäußert wurde, die Kultusminister der Länder würden sich endlich auf die Gründung eines Nationalen Bildungsrates verständigen. Dieser Rat werde – so die Erwartung der Autoren – die großen Aufgaben, die im Schulsystem der Lösung harren, endlich anpacken: Digitalisierung, Vergleichbarkeit des Abiturs, Angleichung der Schülerleistungen in den Bundesländern. Diese optimistischen Erwartungen, die sich an den Bildungsrat heften, werden nicht in Erfüllung gehen. Der Nationale Bildungsrat wäre – wenn er denn käme – ein ebenso zahnloser Tiger, wie es die Kultusministerkonferenz bislang gewesen ist. Woran liegt das? Bildungspolitik ist eines der letzten Politikfelder, in denen Politiker ihren ideologischen Präferenzen freien Lauf lassen können. Weiterlesen
Monatsarchiv: September 2020
Es ist das Elternhaus, Dummerchen!
In der ZEIT vom 10. September 2020 ist ein Artikel des „Bildungsexperten“ Anant Agarwala zu lesen. Darin bedient er ein gern gepflegtes Vorurteil: Wenn die Eltern Ärztin und Rechtsanwalt sind, urteilt der Lehrer: „Na klar, diese Kinder müssen aufs Gymnasium“. Bei den Kindern einer Kassiererin und eines Bandarbeiters senkt die Lehrerin den Daumen: „Ab mit ihnen in die Hauptschule“. Wer einmal einen Fuß in einen Klassenraum gesetzt hat, weiß, wie absurd dieses Szenario ist. Die Grundlagen für eine erfolgreiche Schullaufbahn werden im Elternhaus gelegt. Auch für das Scheitern ist das Elternhaus verantwortlich. Bevor ein Kind in die Schule kommt, wurde es nämlich sechs Jahre lang zu Hause erzogen: zum Guten wie zum Schlechten. Weiterlesen
Religion oder Bildung?
Das Kopftuch in der Schule
Dass das Kopftuch für muslimische Frauen und Mädchen ein Symbol des politischen Islam darstellt, habe ich in meiner langjährigen Tätigkeit als Lehrer erfahren. Als ich 1977 als Deutschlehrer an einer Berliner Gesamtschule meine erste Stelle antrat, trug keines der vielen muslimischen Mädchen ein Kopftuch. Sie waren auch genau so locker gekleidet wie die deutschen Teenager. Das änderte sich fundamental, als die weltpolitischen Erschütterungen nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 einsetzten. Den Krieg der NATO gegen die Taliban in Afghanistan beantworteten die Muslime in aller Welt mit einer Rückbesinnung auf eine dogmatische Auslegung des Islam. Plötzlich trugen auch im Westen muslimische Frauen in der Öffentlichkeit Kopftuch und auch die ersten Schülerinnen kamen mit Kopftuch in den Unterricht. Weiterlesen