Vortrag im Rahmen des Humboldt-Gedenkens am 16. März 2017, Humboldt-Gymnasium Berlin-Tegel |
Das Bildungskonzept Wilhelm von Humboldts
„Bienen haben Vorfahrt“
Im Jahre 1989 kam ich als Lehrer an das reformpädagogisch geprägte Internatsgymnasium Schulfarm Scharfenberg. Schon in der vierten Woche hatte ich eine überraschende Begegnung mit dem ganzheitlichen Bildungskonzept der Schule. Für einen erkrankten Kollegen hatte ich eine Klausur zu beaufsichtigen. Mitten in der Stunde schrillte ein hohe Klingel. Drei Schüler sprangen auf und verließen fluchtartig den Raum. Ich fragte die anderen Schüler, was hier los sei. Eine Schülerin klärte mich auf: Dies sei die Imker-Klingel gewesen. Bestimmt sei ein Bienenvolk ausgeschwärmt und müsse jetzt von den Schülern der Imkerei wieder eingefangen werden. Nach der Klausur fragte ich etwas indigniert den Schulleiter, ob das rechtens sei, dass die Schüler mitten in der Klausur den Raum verlassen – wegen der Bienen. Er meinte schmunzelnd: „Lieber Kollege, an eines müssen Sie sich gewöhnen. An unserer Schule haben die Bienen Vorfahrt.“ – Dieser Vorfall war für mich eine Art von Paulus-Erlebnis in Bezug auf die Reformpädagogik. Ich lernte das Engagement der Schüler außerhalb des Unterrichts schätzen, weil ich sah, mit welcher Begeisterung und Verantwortung sie ihre Aufgaben in den Werkstätten, die wir altertümelnd „Innungen“ nannten, wahrnahmen und wie sie dabei in ihrer Persönlichkeit reiften. Weiterlesen