Veröffentlicht in der Tageszeitung DIE WELT am 23. 02. 2019
Der Schöpfer großartiger Romanfiguren formuliert en passant verblüffende pädagogische Einsichten, die auch heute noch ihre Gültigkeit besitzen. Etwa jene, dass man Schüler besser über- als unterfordern sollte.
Jeder Thomas-Mann-Freund kennt das berühmte Kapitel 11 aus seinem Erfolgsroman „Buddenbrooks“ (1901), in dem er das Leiden des kleinen Johann („Hanno“) Buddenbrook an der wilhelminischen Schule erzählt. Der feinsinnige, künstlerisch begabte Knabe durchschaut die Hohlheit des Pauksystems und verachtet die Lehrkräfte, die ihre Autorität nur mit Hilfe ihres Amtes und der damit verbundenen Strafgewalt aufrecht erhalten können. Weniger bekannt sind die Passagen aus dem Roman „Doktor Faustus“ (1947), die sich mit Pädagogik befassen. Der Komponist Adrian Leverkühn verschreibt sich dem Teufel, der ihm 24 Jahre höchster Produktivität im musikalischen Schaffen verspricht. Als Gegenleistung muss er darauf verzichten, Menschen zu lieben, weil er hinfort mit Kälte geschlagen sein wird. Weiterlesen