Für eine demokratische Leitkultur

Ein Land in Vielfalt braucht Gemeinsamkeit. Diese Einsicht ist unter Soziologen unbestritten. Die Politik konnte sich bislang nicht auf eine verbindliche Leitkultur verständigen. Dabei könnte sie von unseren Schulen lernen. Sie haben Leitsätze entwickelt, die den Zusammenhalt im diversen Kosmos Schule stärken und ein konfliktfreies Lernen ermöglichen.

Veröffentlicht auf CICERO-online am 26. Mai 2024

Beim Begriff Leitkultur fällt mir immer die Geschichte ein, die mir eine Schülerin erzählt hat. Sie war mit ihrer Klasse in Spanien auf Sprach- und Kulturreise. Jeder Schüler war privat bei den Eltern der Austauschschüler untergebracht. Vor den Mahlzeiten wurde in ihrer katholischen Gastfamilie gebetet. Reihum war jedes Familienmitglied einmal an der Reihe, ein Gebet zu sprechen. Als die junge Berlinerin beten sollte, hatte sie ein Problem: Sie war atheistisch erzogen worden. Das kluge und wohlerzogene Mädchen verweigerte sich dem familiären Brauch jedoch nicht und „betete“ (sinngemäß): „Ich bin dankbar, dass ich in einer Zeit leben darf, in der wir alle reichlich zu essen haben. Früheren Generationen war dies nicht vergönnt. Ich wünsche uns guten Appetit.“ Ohne ihrer atheistischen Überzeugung untreu zu werden, hat sich die Schülerin den Gepflogenheiten einer fremden Kultur angepasst. Sie hat dies getan, um zu signalisieren, dass sie die Bräuche und die Lebensart ihrer Gastgeber respektiert. Überträgt man dieses Verhalten auf die ganze Gesellschaft, hat man die Leitkultur, die konservative Wissenschaftler und Politiker schon seit Jahren fordern. Es geht um den Modus Vivendi in einer diversen, bunten Gesellschaft.

Leitkultur: die Erfindung eines Einwanderers

Der Begriff der Leitkultur stammt von dem deutschen Politologen mit syrischen Wurzeln Bassam Tibi. In einem Zeitschriftenbeitrag forderte er 1996 eine europäische Leitkultur, die auf den liberalen Werten der westlichen Gesellschaften beruhen solle:  „Die Werte für die erwünschte Leitkultur müssen der kulturellen Moderne entspringen, und sie heißen: Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft“. Diesen Werten müsse im öffentlichen Raum Vorrang vor religiösen Normen eingeräumt werden. Die Diskussion über eine Leitkultur verlief damals im Sand. 2017 regte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine erneute Diskussion über eine deutsche Leitkultur an. In einem Zeitungsbeitrag nannte er drei zentrale Werte, die diese Leitkultur prägten: Religionsfreiheit, weltanschauliche Neutralität und einen aufgeklärten Patriotismus. Bei den Parteien des linken Spektrums löste dieser Beitrag heftige Kritik aus. Von einer Ausgrenzung von Migranten, von Deutschtümelei und einer Wiedergeburt des Nationalismus war die Rede.

Keine deutsche Kultur außer der Sprache?

Besonders pointiert fiel die Kritik von Aydan Özoguz (SPD) aus. Damals war sie Migrations- und Integrationsbeauftragte im dritten Kabinett von Angela Merkel. In dieser Funktion sagte sie innerhalb einer bundesweit geführten Debatte über die oftmals misslungene Integration von muslimischen Einwanderern, sie lehne eine „deutsche Leitkultur“ ab, weil „eine spezifisch deutsche Kultur […], jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar“ sei. Mich hat dieser Satz damals gewundert, weil er das, was die deutsche Kultur seit Jahrhunderten prägt, mit einem schnoddrigen Satz abtut. Aydan Özoguz hat an einem Hamburger Gymnasium Abitur gemacht. Hat sie im Deutschunterricht keine Texte von Goethe, Schiller, Fontane und Thomas Mann gelesen? Hat sie im Musikunterricht keine Kompositionen von Mozart, Schubert, Beethoven und Brahms kennengelernt? Auch Nicht-Christen halten die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach für eine der größten Musikschöpfungen, die die Welt je hervorgebracht hat.  Millionen Menschen in anderen Ländern verehren die deutsche Hochkultur. In Asien gibt es Bach-Vereinigungen, die hochwertige Aufführungen seiner Werke zustande bringen. In Japan singt einmal im Jahr ein Chor aus 30.000 Laien im Stadion die „Ode an die Freude“ aus Beethovens Neunter Sinfonie. Und in Deutschland soll all das nicht zur Kultur gehören?

Neuer Anlauf für eine deutsche Leitkultur

Im neuen Grundsatzprogramm der CDU, das auf dem Parteitag am 7. Mai 2024 verabschiedet wurde, gibt es einen Passus zu einer deutschen Leitkultur: „Zu unserer Leitkultur gehören die Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen und die daraus folgenden Grund- und Menschenrechte, unser Rechtsstaat, Respekt und Toleranz, das Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit, Kenntnis der deutschen Geschichte sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels. Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.“ Hintergrund dieser Formulierung sind Erscheinungen in der deutschen Gesellschaft, die man als beunruhigend bezeichnen muss: In Essen und Hamburg demonstrierten bis zu 3.000 Muslime für ein deutsches Kalifat; in mehreren Städten feierten Muslime den Terrorangriff der Hamas auf israelische Zivilisten; Schulen müssen sich immer häufiger der Einflussnahme von orthodox-gläubigen Muslimen erwehren, denen unsere laizistische Bildung und Erziehung zuwider ist; in unseren Großstädten haben sich Parallelgesellschaften von Einwanderern gebildet, in denen die Regeln der Herkunftskultur gelten, nicht aber die unserer Rechtsordnung.

Verfassungspatriotismus – Schwundstufe einer Leitkultur

Linke Verfassungsrechtler fordern, es beim Grundgesetz als Richtschnur für ein verträgliches Miteinander bewenden zu lassen. Es ermögliche den wahren Verfassungspatriotismus, über den hinaus man keine kulturellen Leitplanken brauche. Dolf Sternberger, der Erfinder des Begriffs „Verfassungspatriotismus“ schrieb 1979 euphorisch: „Wir leben in einer […] Verfassung, in einem […] Verfassungsstaat, und das ist selbst eine Art von Vaterland.“ Wir sehen das heute nüchterner, weil wir erkannt haben, dass   eine Verfassung   vielleicht doch nicht der wohnlichste Ort ist, um darin erfüllt zu leben. Keine Frage: Unser Grundgesetz ist ein großartiges Regelwerk. Es verbreitet aber nicht das Gefühl von Heimat und Zugehörigkeit, das die Menschen schätzen und dem sie in ihrer Lebensgestaltung täglich huldigen. Wenn man so will, wäre eine demokratische Leitkultur die praktische Gebrauchsanweisung dafür, wie man das Grundgesetz mit Leben füllt.

Leitkultur zur kulturellen Selbstverteidigung

Für den slowenischen Philosophen Slavoj Zizek ist die Leitkultur vor allem ein Konzept der Selbstverteidigung. Er fordert die freiheitlichen Gesellschaften des Westens dazu auf, sich ihrer Wurzeln in der europäischen Aufklärung zu besinnen und „die Dinge, die unmöglich zu ertragen sind“ (Jacques Lacan) mit Hilfe staatlicher Interventionen zu bekämpfen: „Toleranz ist […] keine Lösung. Was wir brauchen, ist eine übergeordnete Leitkultur, die regelt, auf welche Weise die Subkulturen interagieren.“ (SPIEGEL-Interview, 2015) – Dabei beruft sich der Philosoph auf den Begriff der „sittlichen Substanz“, den GeorgWilhelmFriedrichHegel in seiner Schrift „Phänomenologie des Geistes“ als Leitidee für den Zusammenhalt der bürgerlichen Gesellschaft geprägt hat. Slavoj Zizek leitet daraus das Interventionsrecht der Zivilgesellschaft und des Staates ab, Gefährdungen des verträglichen Zusammenlebens auch mit Hilfe von Gesetzen entgegenzutreten: „Wir haben das Recht, Grenzen zu setzen“.Oft wird verkannt, dass die Leitkultur auch von denen missachtet wird, die schon lange hier leben, seien es nun ethnische Deutsche oder Ausländer mit und ohne deutschen Pass. Die Attacken auf Asylbewerberunterkünfte durch Rechtsradikale offenbaren eine Verrohung und eine Gewaltbereitschaft, die man genauso bekämpfen muss wie die Gewalt linksradikaler Gruppen, die hochwertige Autos anzünden und Szene-Läden, die ihnen nicht genehm sind, mit Fäkalien verunreinigen.

Die Schulen gehen voran

Die Neigung zu Intoleranz und Gewalt zeigt sich häufig schon bei Heranwachsenden. Mobbing, Ausgrenzung, Beleidigung und Körperverletzung gehören an Schulen zum Konfliktpotential, mit dem sich die Lehrkräfte täglich auseinandersetzen müssen. Um den Anfängen zu wehren, haben sich alle Schulen eine Leitkultur gegeben, die sie zur Richtschnur pädagogischen Handelns, aber auch zur Grundlage für disziplinarische Sanktionen nehmen.  In Deutschland gibt es ca. 25.000 Schulen.  Wenn jede dieser Schulen einen demokratischen Verhaltenskodex entwickelt, ergibt die Summe all dieser erzieherischen Grundsätze nichts anderes als die demokratische Leitkultur, über die in der Politik seit Jahren erfolglos gestritten wird. In großen Schulen versammeln sich täglich bis zu 1000 Schüler. In Großstädten sind Kinder aus über 50 Nationen vertreten. Kulturelle und religiöse Prägungen, soziale Unterschiede, differierende Lerneinstellungen und Lebensentwürfe treffen aufeinander. Dass diese Lern- und Lebensorte insgesamt reibungsfrei funktionieren, verdankt sich der pädagogischen Leitkultur, die sich die Schulen gegeben haben. Sie funktioniert wie die Regeln im Straßenverkehr: Sie garantiert ein weitgehend konfliktfreies Lernen.

Richtiges Benehmen muss wieder gelernt werden

Leitkultur will nicht nur die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Gewaltbereitschaft und Intoleranz   meistern. Sie regelt auch das Kleine, Unscheinbare. Sie ist eben, wie es der ehemalige DDR-Pfarrer Richard Schröder treffend formulierte, „der latente Teil“ unseres nationalen Kitts, bestehend aus „Üblichkeiten und Gewohnheiten“.Auch hier kann die Schule Vorbild sein. Um die Schüler aus ihrem unzivilisierten Rohzustand zu befreien und das im Elternhaus Versäumte nachzuholen, haben manche Schulen das Unterrichtsfach „Benehmen“ eingeführt. Dort lernen die Schüler anhand praktischer Übungen, wie man sich begrüßt, verabschiedet, die Tür aufhält, wenn jemand die Hände nicht frei hat; wie man einer gebrechlichen Dame den Platz in der U-Bahn anbietet und wie man sich schützend vor ein Mobbing-Opfer stellt. Wer solche Normen beherrscht, trägt nicht nur dazu bei, Konflikte zu vermeiden, er macht das Zusammenleben auch angenehmer, menschlicher.

Religiöse Toleranz wieder gefragt

Viele Deutsche hätten sich nicht träumen lassen, dass es eines Tages wieder nötig sein würde, religiöse Toleranz einzufordern. Als Kind habe ich erlebt, wie Flüchtlinge aus Schlesien und Böhmen in unser beschauliches schwäbisches Dorf kamen und sich dort dauerhaft niederließen. Im protestantischen Dorf munkelte man, das seien „Katholische“. Es hat einige Jahre gedauert, bis sie als gleichberechtigte Dorfbewohner anerkannt waren. Die aktive Teilnahme der Neubürger am Vereinsleben hat die Vorurteile schließlich besiegt. Heute haben wir in unseren Großstädten mit einer religiösen Intoleranz der anderen Art zu kämpfen. Der orthodoxe Islam versucht, Einfluss auf die Gesellschaft – auch auf die Schulen – zu nehmen, um ihr seine Gesetze aufzuzwingen. Betroffene Schulen wehren sich, z. B. mit Hilfe von Toleranzseminaren. Als Lehrer habe ich mit meinen Schülern an einer Übung teilgenommen, bei der Schüler unterschiedlicher Religionszugehörigkeit (ein Christ, ein Muslim und ein Jude) lernen sollten, miteinander umzugehen. Sie mussten sich gegenseitig interviewen und dann der ganzen Klasse die Inhalte der „fremden“ Religion erklären. Die Klasse besuchte danach die Gotteshäuser der drei Religionen.  Hätte es solche Befriedungstherapien an allen Berliner Schulen gegeben, hätte es die krassen Fälle von Antisemitismus vielleicht nicht gegeben, die die jüdischen Schüler aus den öffentlichen Schulen vertrieben haben.

Schulisches Leitbild als Blaupause für eine Leitkultur

Ich habe einige Jahre an einem Gymnasium in Berlin-Mitte unterrichtet. Das „Leitbild“ der Schule (man beachte die Nähe zum Begriff „Leitkultur“) hatte drei Pfeiler: Leistung – Weltoffenheit – Solidarität. Diese Zielvorstellungen wurden nicht von oben verordnet, schon gar nicht von der Politik. Sie haben sich in der praktischen pädagogischen Arbeit über Jahre als sinnvoll herauskristallisiert. Eine Schule ohne Leistungsgedanken wird zu einer Wellness-Oase. Eine Schule, die sich anderen Kulturen und deren Lebensformen verschließt, ist borniert und geistig eng. Und eine Schule, die eine intellektuelle Elite heranbildet, ohne ihr die Pflicht zum solidarischen Handeln mit auf den Weg zu geben, hätte ihr humanistisches Bildungsziel verfehlt. Liest man den neuen CDU-Text zur Leitkultur, stellt man fest, dass die drei Begriffe unseres Schulprogramms sich von dessen Intentionen kaum unterscheiden. Es handelt sich eben um Selbstverständlichkeiten des zivilisierten Umgangs miteinander. Dass die drei Begriffe sich dem politischen Parteienspektrum zuordnen lassen (Leistung: CDU/CSU; Weltoffenheit: Grüne; Solidarität: SPD), besagt nichts anderes, als dass die Programme unserer Parteien jeweils einen bestimmten Aspekt des Wertekanons einer friedfertigen, toleranten und offenen Gesellschaft betonen. Das Berliner Gymnasium hat sich mit seinen Leitsätzen zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zum Gelingen des gesellschaftlichen Miteinanders zu leisten. Auf die Politik hat es dabei nicht geschielt, es hat vielmehr das getan, was sich im Umgang mit den Schülern unmittelbar als sinnvoll aufdrängt. Besser kann man nicht beweisen, dass die Leitkultur eigentlich etwas Selbstverständliches ist, was leider von der Politik und ihren Konkurrenz-Mechanismen zerredet wird.

Wertvolle Literatur als Orientierung

Der Fachbereich Deutsch dieses Gymnasiums hat einen Kanon wertvoller Literatur erstellt, die Schüler bis zum Abitur gelesen haben mussten. In der „Antigone“ von Sophokles lernen die Schüler, dass es ein ethisches Gesetz des Menschen gibt, das sich der Verfügungsgewalt von Herrschern entzieht. Im „Nathan“ von Gotthold Ephraim Lessing lernen sie eine religiöse Toleranz kennen, die sich dem Absolutheitsanspruch von Religionen widersetzt. In den Räubern von Friedrich Schiller lernen sie, dass die Selbstermächtigung eines gewaltbereiten Individuums „den ganzen Bau der sittlichen Welt zugrunde richten würde“. Diese Werke bieten dem Deutschlehrer die Möglichkeit, ihren historischen Gehalt zu aktualisieren, um daraus Erkenntnisse für das heutige Leben von Jugendlichen zu gewinnen. Für mich gehörte die Besprechung dieser Texte zu den Sternstunden meines Lehrerlebens.

Schreckgespenst Nationalismus

Die Parteien des linken Spektrums unterstellen der CDU seit Jahren, sie wolle mit ihrer deutschen Leitkultur einem Patriotismus das Wort reden, der die Zugewanderten ausgrenzt. Schon Lothar de Maizière versuchte diese Bedenken zu zerstreuen, als er die Deutschen als „aufgeklärte Patrioten“ bezeichnete, die gegen einen finsteren Nationalismus gewappnet seien. Er stellte fest: „Ein aufgeklärter Patriot liebt sein Land und hasst nicht andere.“ Bei Kanzlerin Angela Merkel verschwammen die Begriffe „deutsch – fremd – ausländisch“ freilich bis zur Unkenntlichkeit. Für die Deutschen benutzte sie die Formulierung „diejenigen, die schon länger hier leben“ und stellte sie jenen gegenüber, „die neu dazugekommen sind“. Von Patriotismus blieb bei dieser Kindersprache nichts mehr übrig.

Die glücklichen Momente der deutschen Geschichte betonen

Als Geschichtslehrer habe ich immer die Position vertreten, dass es legitim und im Konzert der Völker auch normal sei, den Heranwachsenden die Geschichte der Deutschen mit all ihren Höhen und Tiefen zu vermitteln. Die Verbrechen des Nationalsozialismus sollten nicht dazu führen, dass wir die glücklichen Momente in der deutschen Geschichte hintanstellen. Der in der DDR aufgewachsene Theologe und Philosoph Richard Schröder sagte dazu: „Wir sollten die Unfähigkeit zu trauern nicht ersetzen durch die Unfähigkeit zur Freude an der deutschen Freiheitsgeschichte […], die sich ja bis ins Mittelalter zurückverfolgen lässt: ´Stadtluft macht frei`“Und:  „Wir werden weiter auch die dunklen, ja auch die schwarzen Kapitel deutscher Geschichte nicht beschönigen. Allerdings wäre es auch eine Marotte, wenn sich das Erinnern am Schlimmen und Schrecklichen festbisse.“Dem entschiedenen Demokraten Richard Schröder, der in der DDR einen rigiden Meinungszwang und ein politisch gelenktes Geschichtsbild erlebt hat, wird niemand nachsagen können, er verharmlose den Nationalsozialismus, weil er über die „zwölf Jahre“ hinausdenkt. Der sozialistische Dichter Kurt Tucholsky ärgerte sich über seine linken Gesinnungsgenossen, die den Internationalismus so verstanden, dass sie ihre Gefühle für das eigene Vaterland unterdrückten: „In der Heimatliebe lassen wir uns von niemand übertreffen – nicht einmal von jenen, auf deren Namen das Land grundbuchlich eingetragen ist. Unser ist es. Und widerwärtig sind mir jene, die – umgekehrte Nationalisten – nun überhaupt nichts mehr Gutes an diesem Lande lassen, kein gutes Haar, keinen Wald, keinen Himmel, keine Welle.“ (1929) 

Wir sollten uns von den „umgekehrten Nationalisten“ der Gegenwart nicht einschüchtern lassen, wenn wir für unsere Gesellschaft eine demokratische Leitkultur fordern.

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